Das habe ich mich schon während der Schwangerschaft gefragt. Wie kann ich es schaffen, für mein Kind da zu sein, aber dennoch meine Existenz nicht aufs Spiel zu setzen? Welche Dinge gilt es zu beachten? Wie funktioniert das mit dem Kinderbetreuungsgeld? Gibt es eine Karenz für Selbstständige überhaupt? Ab wann gebe ich mein Kind in den Kindergarten? Oder soll ich mich am besten von meinem bisherigen Leben komplett verabschieden?
Die letzte Frage beantworte ich gleich zu Beginn: Ja. Adieu bisheriges Leben, hallo unplanbares Unbekanntes. Der Moment der Geburt ist wie ein Sprung ins kalte Wasser, ohne jemals gesehen zu haben, wie jemand schwimmt. Bis dahin ist man bloß schwanger, dann ist man Mama. Mama. Das erste Wort, das dein Kind sagen wird und es wird niemals mehr damit aufhören. Weil du bist dann der Mittelpunkt. Die Nahrungsquelle, die Versorgungsstation, der Seelentröster, die Einschlafhilfe, die Wickelmaschine, die Milchbar, die Kindertrage, der Schnuller, der Beißring, der Spiegel deines Kindes und immer noch Chefin deines Unternehmens.
Wenn ich heute zurückdenke, wie goschert ich damals vom wieder arbeiten kurz nach der Geburt gesprochen habe: „Da nehm ich die Kleine einfach ins Büro mit, ist ja kein Problem“, oder „Die Babys schlafen ja den halben Tag, da kann ich dann gut arbeiten.“ Jo eh – aber eben auch nicht.
Im ersten Monat war an arbeiten überhaupt nicht zu denken. Ich lief nur den Bedürfnissen meiner Tochter hinterher, litt noch an Schmerzen von der Geburt, hatte Probleme mit dem Stillen und eigentlich überhaupt keinen Plan von den nächsten Stunden des Tages. Die Stunden, die Johanna schlief, nutzte ich zum befriedigen meiner Grundbedürfnisse wie Toilette, Duschen, Zähne putzen, trinken, essen oder einfach nur mal hinsetzen. Ich zitiere eine Hebamme: „Es war ein guter Tag für eine Wöchnerin, wenn sie es unter die Dusche geschafft hat.“ Ich konnte mir das vorher nicht vorstellen, aber ich war mit der Umstellung meines Lebens total überfordert und erst die Müdigkeit … Dank Smartphone war es mir zumindest möglich Mails zu checken und ein paar Dinge zu organisieren. Ohne Unterstützung von außen oder einen Mitarbeiter, auf den man sich verlassen kann – danke Max! – ist in der ersten Kennenlernzeit an Arbeit meiner Meinung nach nicht zu denken. Und es muss auch nicht sein. Die erste Zeit ist immens wichtig für Mama und Kind und die sollte man auch nutzen. Ich hätte ehrlich gesagt gerne mehr Zeit für uns gehabt, aber das ist als selbstständige Mutter nur bedingt möglich.
Mittlerweile ist Johanna über 3 Monate alt und wir haben nunmehr einen Schlafrhythmus gefunden, mit dem ich in der Früh etwa zwei und am Abend auch ein bis zwei Stunden – je nach Grad meiner Müdigkeit – in Ruhe und effizient arbeiten kann. Untertags ist alles halb – halb Johanna, halb Arbeit – und das ist äußerst unbefriedigend für alle Beteiligten.
Mein Tipp:
Nehmt euch Zeit für euch selbst und um euer Kleines kennenzulernen, zum lieb haben, kuscheln, pflegen eurer Wunden, um euch aufeinander einzustellen, euer Leben umzustellen und einen Rhythmus zu finden. Denn diese Zeit kommt nie wieder.
Und wenn es keine oder nur kaum Möglichkeit gibt, den Betrieb ruhen zu lassen, so ist Arbeiten von zu Hause sicher eine gut Option. Ich habe mir zu Hause ein komplettes Büro eingerichtet mit großem Bildschirm und neuem Computer, damit ich auch von daheim gut arbeiten kann. Meine Kunden habe ich auf die Zeit ebenso vorbereitet. Dinge brauchen als frischgebackene Mama einfach länger und man ist nicht immer uneingeschränkt verfügbar. Ich bin der Meinung, dass es hierfür Verständnis geben MUSS. Wenn nicht, dann muss man eben auf den Kunden verzichten oder auch mal einen Auftrag ablehnen.
Und wie ist das mit der Karenz?
Als ich mich bei der SVA bezüglich Kinderbetreuungsgeld informieren wollte, sagte man mir am Telefon wortwörtlich: „Wissen Sie, das ist alles so kompliziert, das kann ich Ihnen am Telefon nicht erklären. Ich schicke Ihnen einen Folder.“
Ganz so kompliziert ist es zum Glück nicht. Es gibt in Summe 2 mal 2 Möglichkeiten:
Entweder man bezieht 8 Wochen vor und nach der Geburt Wochengeld oder man beantragt eine Betriebshilfe. Wenn es die Profession zulässt, kann man sich jemanden Externen organisieren (lassen), der in der Zeit der Karenz den Betrieb weiterführt. Ich habe mich fürs Wochengeld entschieden, da ich niemanden Externen das Feld überlassen wollte und auch nicht kann. Mein Unternehmen ist viel zu sehr mit meiner Person verknüpft, was auch der Grund ist, weswegen ich mich nicht völlig aus dem Betrieb zurückziehen kann.
Beim Kinderbetreuungsgeld gibt es auch 2 Varianten, nämlich das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld und das Kinderbetreuungsgeld Konto. Das einkommensabhängige KBG ist in der Regel höher, jedoch darf man kaum etwas dazuverdienen. Das KBG Konto ist niedriger, aber man kann derzeit € 16.200,- jährlich dazuverdienen. Da meine Firma während meiner einjährigen Karenzzeit weiterläuft und auch Gewinn abwerfen wird, musste ich mich für das KG Konto entscheiden.
Informationen und einen Online-Rechner findet ihr auf der Homepage der SVA.
Vorsicht sei bei der KGB Konto geboten: Offenbar müsse man akribisch den Zuverdienst dokumentieren, da die SVA bei nichtvorhandener bzw. nicht übermittelter genauer Auflistung das KGB wieder zurückfordern kann. Im Standard wurde darüber berichtet. ich habe selbst das Formular dazu noch nicht erhalten, werde aber dahinter sein. Ich möchte dann kein böses Erwachen im Nachhinein und vor allem nicht den Ärger. Insbesondere wenn ich bedenke dass das KGB Konto bei mir gerade einmal die monatlich fälligen SV Beiträge abdeckt. Leben kann ich also vom KGB nicht und zurücklehnen kann ich mich ebenso wenig.
Eine Karenz im klassischen Sinn einer Angestellten gibt es für selbstständige Frauen also kaum, außer man kann eine Betriebshilfe in Anspruch nehmen.
Streitthema Kindergarten
Eigentlich kann man erst ab dem Zeitpunkt, wo das Kind in den Kindergarten kommt, wieder „normal“ arbeiten, wenn man die Hoffnung hat, dass das Kind die meiste Zeit gesund ist, was wohl nicht eintreffen wird – aber das ist eine andere Geschichte. Also stellt sich die Frage, wann man das Kind in den Kindergarten geben möchte. Da scheiden sich die Geister und darüber streiten sogar gute Freunde.
Ich habe von Anfang an beschlossen, dass Johanna weder in die Krabbelstube noch zu einer Tagesmutter kommt, sondern ab etwa einem Jahr in den regulären Kindergarten. Ich wollte mir aber die Option offen lassen, sie auch erst später in den Kindergarten zu geben, wenn sie noch nicht soweit sein sollte. Nun musste ich erfahren, dass das Kindergartenjahr im September beginnt und da fährt die Eisenbahn drüber. Johanna ist im Oktober geboren, also leider zu spät. Da sie im September noch kein Jahr alt ist, kann sie theoretisch erst mit fast zwei Jahren in den Kindergarten. Das war natürlich ein Schock, denn so lange wollte ich mein Kind nicht im Büro halb arbeitend betreuen. Ich denke, es ist auch für ihre Entwicklung von Vorteil, wenn sie mit anderen Kindern interagieren kann und – wie ich von mehreren Seiten schon hörte – profitieren die kleineren Kinder extrem von den größeren in der Gruppe. Ich sehe also den Kindergarten nicht nur allein eigennützig. Da ich auch in meinem Umfeld keine Kinder habe, ist der Kindergarten auch ein Ort für Johannas soziale Entwicklung. Wir versuchen nun eine andere Lösung zu finden. Möglicherweise gibt es die Möglichkeit einen Platz unterm Jahr zu erhalten, wenn beispielsweise eine Familie umzieht und ein Kind deshalb den Kindergarten verläßt.